Die Herausforderung
«Was man nicht messen kann, kann man nicht verbessern.» Dieser Grundsatz prägt mein berufliches Verständnis und auch mein privates.
Da die Heizung, bei mir eine VIESSMANN Vitocal 200-A Typ AWCI-AC mit 5kW Leistung, im Haus der grösste Stromverbraucher ist, macht es durchaus Sinn, die Effizienz derselbigen zu beobachten und zu optimieren.
Meine Erfahrung aus dem ersten Hausbau im Jahr 2010 war nämlich folgende, dass die Installateure nicht primär auf Effizienz optimieren, sondern auf Wärme und möglichst wenig Serviceeinsätze. In der Praxis bedeutet dies, dass die Wärmepumpe immer gut heizt und wenig Ausfälle bestehen. Nun das ist gut und recht, nur das Problem ist, dass die WP dann unnötig Strom frisst. Ok eine WP ist nicht primär da um Strom zu sparen, sondern um Wärme zu liefern. Aber eine ineffiziente WP hat eine entsprechend schlechte Jahresarbeitszahl JAZ oder anders gesagt, die Menge des eingesetzten Stroms und der daraus gewonnenen Wärme über ein Jahr ist nicht optimal.
Das Problem bei der Effizienzsteigerung ist, dass die Systeme meist sehr träge reagieren und aus vielen Komponenten bestehen. Zudem ist es in der Theorie und der Praxis immer anders. Der Heizwärmebedarf kann gut berechnet werden, die Heizungsauslegung ebenso gut, aber Wetter, Lüftungsverhalten, Speicherfähigkeit der Hausmasse und das individuelle Wärmeempfinden oder Parameter wie die Heizkurve sind nur in der Praxis zu erfahren und zu optimieren.
Kaum ein Installateur hat aber die Zeit, alle paar Tage vorbei zu kommen und das System im täglichen Betrieb kennenzulernen, damit die optimalen Einstellungen vorgenommen werden können. Weiter kommt hinzu, dass ein Servicebesuch meist auch nur eine Momentaufnahme darstellen, für eine Optimierung aber möglichst viele Daten über die Zeit vorhanden sein sollten, mit den entsprechenden Daten über die relevanten «Input»-Faktoren.
Gibt es überhaupt Optimierungsbedarf?
Bei meiner ersten Wärmepumpe hatte ich das Gefühl, dass diese nicht optimal läuft. So waren die Schaltzyklen meist unter 20 Minuten, dafür sehr häufig. Warm hatten wir schon. Aber eine Wärmepumpe ist dann effizienter, wenn sie über eine gewisse Zeit laufen kann und nicht ständig im ON/OFF Betrieb ist. Über ein Forum bin ich an einen richtigen Crack vom Wärmepumpendoktor gelangt. Er schaute sich meinen Verdacht an und am Ende des Halbtages konnten wir die WP so optimieren, dass die Schaltzyklen um den Faktor 10-20 reduziert wurden und der Energieaufwand für die selbe Wärme um etwas mehr als 20% reduziert wurde. Das entsprach damals rund 1500kWh oder gut 300.- pro Jahr.
Mir wurde dann mitgeteilt, dass ich noch Glück hatte und meine WP mal abgesehen von den vielen Zyklen schon gut arbeitete und es andere gebe, welche mehr Strom «verbraten», wie Wärme produzieren. Was eindrücklich war, waren die Messinstrumente (v.a. Temperaturfühler) die er mitgebracht hatte und mit welchen er die Wärmepumpe und deren Verhalten auf dem Laptop visualisierte.
Der zweite Hausbau
Beim zweiten Hausbau wollte ich von Beginn weg schon einiges besser machen. So habe ich gleich bei der Planung den Spezialisten engagiert und mit ihm das System geplant. Das neue System war aufgrund der besseren/neueren WP bereits effizienter, aber auch in Bezug auf die ganze Installation. So brauche ich heute weniger Strom zum heizen, obschon das Haus grösser ist als das erste Haus. Trotzdem liess mich das Thema Visualisierung nicht in Ruhe und ich wollte endlich verstehen, wie Haus und Heizung in der Praxis zusammen spielen.
Erste Messungen
Schon bei der Installation der WP im haus wollte ich Wärmezähler und einen separaten Stromzähler am Kreis der WP. Somit war es mir zumindest in den ersten Jahren möglich, die Effizienz der WP grundsätzlich zu messen. Mit der App xMeter erfasste ich so manuell monatlich meine wichtigsten Zähler im Haus. Leider mussten wir feststellen, dass ein Wärmezähler im Rohrdurchmesser zu gering dimensioniert war, was dazu führte, dass es Resonanzgeräusche gab. Der Zähler wurde dann nach zwei Jahren ersetzt.
Stromverbrauch im Solarmanager visualisieren
Der zweite Schritt kam dann etwa ein halbes Jahr, nachdem ich den Solarmanager installiert hatte. Der Solarmanager erlaubt es nämlich Energiemessgeräte in das Dashboard einzubinden. So kaufte ich mir im Frühjahr 2020 nach Rücksprache mit Hans Fischer vom technikblog den neuen Shelly 3em, ein drei Phasen Energiezähler. Da die Wärmepumpe zwischen 1 und 5kW Energie benötigt, ist sie auch im tagesverlauf sehr gut sichtbar.
So konnte ich über die Zeit zumindest schon mal sehen, wann und wie lange die Wärmepumpe gelaufen ist. Weshalb sie in den Heizzyklus gewechselt ist und wie sie im Zusammenspiel mit den anderen Parametern funktioniert ist daraus aber noch nicht ersichtlich.
Auslesung der Wärmepumpe
Es musste also noch eine bessere Lösung her. Am schönste wäre es natürlich, wenn ich die Daten der Wärmepumpe direkt auslesen und ähnlich visualisieren könnte, wie mein Kollege damals. Leider ist das stark vom Hersteller abhängig und Viessmann bietet das nicht out-of-the Box an. Viessmann hat eine eigene App für die Heizungssteuerung. Dazu braucht es aber ein Optolink Kabel und eine eigene kleine Box, die ans Internet angeschlossen werden kann. Mittels ViCare App kann so die Heizung vom handy aus programmiert und gesteuert werden. Also eigentlich nur die Heizzeiten, für alles andere muss man immer noch an das Interface der Wärmepumpe.
Eigentlich hatte ich mir mehr erhofft, zeigte doch die Demo der App auch die Möglichkeit der Strommessung auf. Leider ging das mit meiner WP nicht.
Nach einer Recherche bin ich dann auf die Möglichkeit gestossen, mit dem Viessmann-Kabel und einem Raspberry Pi die Daten direkt zu loggen. Im Netz habe ich ein Set gefunden, bei dem Netzteil, Platine und Gehäuse, wie SD Card mit OS bereits komplett zusammengestellt war. Da ich kein Linux Crack war musste ich mich zuerst einlesen. Nachdem der Pi aufgesetzt war, machte ich mir das Leben einfach und griff via Bildschirmfreigabe auf den Pi vom Mac aus zu. Dazu waren keine weiteren tools nötig und am Pi musste kein Monitor, Maus oder Tatstatur angeschlossen werden.
Nun mussten nur noch die Daten von der Wärmepumpe auf den Pi und in die Datenbank. Ich orientierte mich dabei an der vcontrold Anleitung von Github. Man findet dort beispielsweise auch die richtigen Adressen der Viessmann Steuerungen. Sofern man weiss, welche Steuerung verbaut ist. Weiss man dies nicht, kann man im Viessmann Forum nachfragen und es wird einem sehr kompetent geholfen.
Für die Erfassung der Daten gibt es extra für den Raspberry Pi eine Anleitung. Es brauchte zwar etwas, aber ich konnte schliesslich die Daten in die InfluxDB schreiben. Was man noch wissen muss, ist welche Adressen man auslesen möchte. Leider sind nicht alle Adressen offen ersichtlich und man muss auch etwas probieren.
Nun, Daten einfach in der Influs DB haben half auch noch wenig, also musste eine Visualisierung her. Grafana war da meine Wahl. Für die Integration der Influx DB an Grafana habe ich mich an diesem Artikel orientiert und wiederum geprobt. Fragt mich nicht, wie ich das alles hin bekommen habe, aber nach zwei Tagen ist das Ganz reibungslos gelaufen. Ob ich das wieder so hinbekommen würde weiss ich nicht?
Grafana lässt sich sehr einfach so einrichten, wie man das gerne möchte und bietet unzählige Möglichkeiten die Daten im Laufe der Zeit zu visualisieren. Man kann ebenfalls den Zeitraum frei wählen. So kann ich beispeilsweise einen 24h Ausschnitt wählen oder auch einen 5 Minutenausschnitt. Wichtig ist einfach, dass genügend Daten vorhanden sind. So schreibt die vcontrold alle 2 Minuten Daten in die Datenbank.
Via lokale IP adresse kann man auf das Grafana Dashboard zugreifen. Dort sehe ich beispielswiese die Vorlauftemperaturen der WP, der Primär- und Sekundärquelle oder auch die Raumtemperatur oder die Aussentemperatur.
Diese Visualisierung lässt es nun erstmals zu, Parameter an der Heizungssteuerung zu ändern und dann zu sehen, wie sich die Effizienz der Wärmepumpe ändert.
Eine Antwort auf „Viessmann Wärmepumpe auslesen und visualisieren“
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